It’s simple but not easy: Arbeiten im Homeoffice
von Torsten Beckmann-Loeks
Ein heftig verschneiter Wintertag in der norddeutschen Tiefebene. Videoseminar steht auf dem Plan. Oder wie wir sagen: Remote-Veranstaltung. Oder wie andere sagen: Webinar. Direkt nach dem Aufwachen ein erstes Stoßgebet: „Lieber Wirtschaftsminister, lass Dein Versprechen für stabiles und bandbreites Internet im ländlichen Raum heute wahr werden“. Diesen Wunsch vergesse ich beim ersten Kaffee. Kaum Zeit dafür, bis 7 Uhr muss die Straße vom Schnee befreit sein. Was für ein Segen, in diesen Tagen im Home-Office zu sein. Normalerweise säße ich jetzt in einem ICE nach Frankfurt oder Berlin. Oder würde am Frühstücksbuffet eines Hotels nach Rührei Ausschau halten und die Tageszeitung auf einem viel zu kleinen Smartphone-Bildschirm lesen. Natürlich nur die fettgedruckten ersten Absätze, weil ich wieder mein Zugangspasswort zur Digitalausgabe vergessen hätte. So bin ich aber zu Hause und stelle mich darauf ein, mit mir noch unbekannten Menschen in Kontakt zu kommen, ohne ihnen im wahrsten Sinne des Wortes nahe zu treten. Dass diese Form der Beziehungsgestaltung gelingen kann, hat einiger Monate Übung bedurft. Ich bin ganz gut darin geworden.
Auf dem Weg zum Rechner muss ich eine Treppe in das Obergeschoss begehen. Würde ein Umknicken auf dieser Treppe im Home-Office einen Wegeunfall darstellen? Ich vernachlässige die Frage und begrüße meine Teilnehmenden. Es ist wie immer: Fast alle meistern die ersten technischen Hürden und sind dankbar für diese Form der Zusammenkunft. Später am Tag werde ich mir sagen: „Geht auch so wirklich klasse, ein ganzer Seminartag im Remote-Format.“ Vor einem Jahr hätte ich gesagt: „Undenkbar. Mit mir nicht.“
Dann jedoch, im Laufe des Tages, passiert das Unfassbare. Ich bin nicht darauf vorbereitet. Die Tücken des Home-Office holen mich brutal ein. Es war Mittagspause, die Teilnehmenden haben sich gewünscht, von 60 auf 30 Minuten zu verkürzen. Das war sportlich, da ich Schnee schippen musste. Es passte auf die Minute und ich war pünktlich zurück in der ZOOM-Konferenz. Digitale Führung: Die Frage eines Teilnehmenden nach der Pause, wie denn mögliche Abhängigkeitsproblematiken eines Mitarbeitenden aus der Ferne über den Bildschirm feststellbar wären. Wir diskutieren, lebhaft in der Gruppe, ein wunderbarer Austausch. Am Ende sagt der Teilnehmer: „Wir wissen ja auch nicht, ob Sie als Trainer jetzt gerade in Jogginghose vor dem Rechner sitzen und nur obenrum ordentlich angezogen sind. Da bleiben so viele Fragen offen bei der digitalen Heimarbeit.“ Wir lachen alle und machen im Seminar weiter. Wenige Minuten später zieht ein Sturm auf. Ein Sturm in Form meiner Haustürklingel, nicht nachlassend. Ich entschuldige mich bei den Teilnehmenden und gehe schnell zur Tür. Im Aufstehen zögere ich einen Moment und merkte, dass es schon zu spät ist: Die Kamera war noch aktiviert. Die Mittagspause war kurz. Ich musste mich schnell umziehen bevor es weiterging. Meine Jeans war schneenass. Und in der Schnelle habe ich natürlich eine Jogginghose übergezogen. Jetzt sichtbar, für alle Teilnehmenden, auf dem Weg zum stürmischen Türklingeln.
Die Tücken des Homeoffice. Seit Mitte März letzten Jahres arbeite ich viel von zu Hause. Stehe jeden Morgen auf und ziehe mich ordentlich an. In Erinnerung wird vermutlich diese eine Sequenz nach der Mittagspause bleiben.
Als ich die Tür öffnete, war der Fahrer schon weg, ein Paket für meine Nachbarn lag vor der Tür. Ich stand dort und schämte mich wieder hochzugehen. „Innere Werte zählen“, sagte ich mir. Als ich in mein Büro zurückkam haben die Teilnehmenden herzlich gelacht. Erst ohne mich. Dann mit mir. Zwei weitere Teilnehmer hatten eine Jogginghose an. Es ist schön, nicht allein zu sein. Auch remote, in der digitalen, kontaktbeschränkten Home-Office Zeit.
Ein Wenn-Dann-Plan für das Homeoffice
von Veronika Leiblein
Im Homeoffice, insbesondere in Zeiten der Pandemie, kann es doch Mal eine Herausforderung sein, mit vollem Elan eine Tagesstruktur zu schaffen. Vieles ist nur einen Mausklick entfernt und plötzlich kann alles in einem Raum mit nur einem technischen Endgerät gemacht werden (Arbeit, Studium oder doch Privates?). Aus diesen Gründen habe ich aus der Ziel- und Motivationspsychologie einen vereinfachten Wenn-Dann-Plan für meine Arbeit und mein Studium im Homeoffice erstellt.
WENN der Wecker klingelt - DANN stehe ich auf (oder doch noch 15 Minuten?!? – schließlich muss ich den Verkehr nicht umgehen!)
WENN ich aufgestanden bin - DANN mache ich eine kleine Runde Morning-Yoga (wie eine Matte in Verbindung mit Yoga-YouTube Sessions zum Begleiter werden kann). Das bringt mehr Energie als jede Tasse Kaffee.
WENN ich fertig bin - DANN frühstücke ich und mache mich anschließend auf den „langen“ Arbeitsweg (dafür darf es dann doch ein Kaffee sein)
WENN ich produktiv war - DANN gönne ich mir noch einen Kaffee (oder doch schon Tee?)
WENN ich mit dieser Aufgabe fertig bin - DANN gehe ich raus und schnappe etwas frische Luft
WENN ich zurück bin - DANN mache ich mir noch einen schönen warmen Kaffee (nein, jetzt wirklich besser Tee) und es geht in die zweite Runde
WENN der Tag zu Ende ist - DANN räume ich mein ganzes Geschirr vom Schreibtisch (viele Kaffeetassen) und suche mir eine spannende Sendung zum Streamen
PS: Natürlich läuft nicht jeder Tag so ab (– aber doch so ähnlich!!)